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Schuld in der Partnerschaft – wie Paartherapie und Eheberatung konstruktive Ansätze in der Schuldfrage fördern, Teil 2

Ein wichtiger Punkt in der Krisenintervention bei Paaren ist, dass der Beziehungstherapeut / Paartherapeut den Betroffenen hilft, sich gegenseitig zu hören, zu verstehen und auch besser kennen zu lernen.

Wie bereits im ersten Teil dieses Blog-Artikels beschrieben, ist niemand davor geschützt, Fehler zu begehen und Schuld auf sich zu laden. Teilweise passiert dies unbewusst und ungewollte, manchmal jedoch in vollem Bewusstsein der möglichen Konsequenzen. In der Paartherapie ist die Schuld eines oder gar beider Partner ein häufiger Besucher und bisweilen ungebetener Gast. Doch auch wenn Vorwürfe in einer Beziehung in der Regel nicht konstruktiv sind, kann Schuld und vor allem Schuldeingeständnis und -erkenntnis zu Verbesserungen in der Partnerschaft führen. Wie Fehler konstruktiv für eine gemeinsame – und hoffentlich bessere – Zukunft genutzt werden, betrachtet der dritte Teil dieses Artikels. Nachdem im ersten Teil auf die Position des Geschädigten eingegangen wurde, soll hier die Seite des Schuldigen aus Sicht des Beziehungscoachings eingegangen werden.

 

Schuldig ist nicht gleich verurteilbar – der Unterschied zwischen bewusstem und unbewusstem Handeln für die Schuldfrage in der Paartherapie

 

Wie bereits in der Einleitung erwähnt, ergibt sich für die meisten Situationen, in denen man als Partner oder Ehepartner falsch handelt, ein Unterschied zwischen bewusster und unbewusster Aktion. Handelt jemand bewusst so, dass er denjenigen, den er liebt, Schaden zufügt, wiegt die Schuld in der Regel um einiges schwerer als bei unbewussten Verfehlungen. Sind die Konsequenzen für das Handeln jedoch für den Schuldigen unmöglich ersichtlich, gilt nicht unbedingt "Unwissen schützt vor Strafe nicht", sondern häufig das Gegenteil. In der Paartherapie ist das Verstehen des Gedankengangs des Schuldigen die Basis für mögliches Verständnis des Geschädigten und auf jeden Fall für gelingende Vergebung.

Häufig finden Paare in der Beziehungsberatung / Paartherapie zum ersten Mal die Möglichkeit, sich auf neutralem Boden und konstruktiv über das Fehlverhalten eines oder beider Partner zu unterhalten. Die Frage nach dem "Warum" kann dabei geklärt werden und so wird dem Schuldigen die Möglichkeit und der nötige Rahmen gegeben, sich zu erklären und mitzuteilen, frei von Eskalation und Unterbrechungen. Durch die Anwesenheit einer neutralen dritten Person in Form des Eheberaters bzw. Paartherapeuten wird das Gespräch geführt und bleibt auf konstruktivem Niveau. Oftmals hat der Schuldige zum ersten Mal in der Therapiestunde die Möglichkeit, seine Sichtweise im Detail zu erklären und so möglicherweise auch auf Verständnis bei seinem Partner zu stoßen. In der Hitze der Diskussion zu Hause ist dies oftmals für viele Pärchen nicht möglich, sodass Coaching hier vermittelnd und hilfreich in der Reduktion von Stress in der Beziehung eingreifen kann. Der Paartherapeut nimmt hier die Rolle eines Mediators ein und gibt so die Möglichkeit, beiden Partnern Einblicke in die jeweils andere Gedankenwelt zu verschaffen.

 

Schuld als Chance für Paare – wie zweite Chancen zu einer Wiederbelebung der Beziehung führen können

 

Ein wichtiger Punkt in der Krisenintervention bei Paaren ist, dass der Beziehungstherapeut / Paartherapeut den Betroffenen hilft, sich gegenseitig zu hören, zu verstehen und auch besser kennen zu lernen. Können die Gedanken eines Partners nachvollzogen werden, ist oftmals ein tieferes Verständnis und automatisch mehr Nähe in der Beziehung vorhanden, auch wenn diese gerade bröckelt. Dies wirkt sich somit selbst dann positiv auf die Partnerschaft und die Konfliktbewältigung aus, wenn die Verfehlung größere Dimensionen annimmt und zu einer Kränkung und Verletzung des Geschädigten geführt hat. So gesehen ist es mit der richtigen, vor allem professionellen und achtsamen Unterstützung eines Paartherapeuten und Eheberaters möglich, auch größere Krisen der Beziehung von der Katastrophe weg zu einem Wiederaufbau und noch stärkerem Band zwischen den Partnern und respektvollem und liebevollen Umgang miteinander zu führen. Wie einst Max Frisch sagte "Krise ist ein produktiver Zustand. Man muss ihm nur den Beigeschmack der Katastrophe nehmen". Dies gilt auch in Ehen und Partnerschaften und ist vor allem dann möglich, wenn beide Partner bereit sind, dem anderen zuzuhören, zu versuchen, ihn zu verstehen, achtsam und respektvoll vor allem in dieser schwierigen Phase miteinander umzugehen. Dies gilt insbesondere für den Geschädigten, welcher, auch wenn er das Handeln nicht gutheißt, versuchen sollte anzuerkennen, dass sich der Schuldige offenbart, seine Gedanken mitteilt, ehrlich und offen über das Geschehene spricht – und zwar im vollen Bewusstsein der möglichen Konsequenzen. Die Tatsache, dass ein Paar professionelle Hilfe sucht, sich einem Beziehungsberater und Paartherapeuten anvertraut und sich von ihm in der Krise leiten lässt, zeigt in jedem Fall, dass beide Partner bereit sind, für die Beziehung Zeit und Energie aufzuwenden. Der Schuldige hat sich vielleicht in einer, womöglich in mehreren Situationen falsch verhalten. Dass er sich öffnet und sein Handeln und die dahinterstehenden Gründe und Gedanken darlegt, sollte jedoch stets anerkannt werden.

 

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