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ADHS in der Partnerschaft – Liebe und Nähe mit ADHS

Es ist für ADHS Betroffene, wie für jeden Menschen in einer Beziehung, wichtig, die Seite des Partners bzw. der Partnerin zu verstehen.

 

Im letzten Blogartikel habe ich beleuchtet, inwiefern sich Beziehungen mit einer von ADHS betroffenen Person von anderen Partnerschaften unterscheiden und was ich als Beziehungsexperte an allgemeinen Tipps und Tricks mitgeben kann, um den Alltag zu erleichtern. In diesen Artikel befasse ich mich hingegen mit der "Gegenseite": Wie kann jemand, der von ADHS betroffen ist, sein Beziehungsleben verbessern? In meiner langjährigen Praxis als Paartherapeut und Beziehungscoach fällt bei diesem Thema vor allem auf, dass viele Personen, die von ADHS betroffen sind, sich zwar sehr bewusst sind, inwiefern sie selbst von den Symptomen betroffen sind, jedoch kaum darüber Bescheid wissen, was das für ihren Partner bzw. ihre Partnerin bedeutet. Aus diesem Grund werde ich zuerst darauf eingehen, bevor ich die Möglichkeiten, den Alltag zu erleichtern, nenne. Insgesamt muss darauf hingewiesen werden, dass dieser Artikel keinen Anspruch auf Vollständigkeit hat und auch keineswegs professionelle und vor allem individuelle Unterstützung ersetzen kann. Er soll viel eher allgemeine Denkanstöße geben und vielleicht den einen oder anderen wertvollen Tipp enthalten.

Den Partner sehen und verstehen – Wie Beziehungscoaching und Paartherapie Personen mit ADHS helfen kann

Jede von ADHS betroffene Person empfindet eine andere Mischung seiner Symptome als Belastung und vor allem in Zusammenspiel mit anderen Personen als problematisch. Häufig wird hier die Regelgeleitetheit anderer Menschen genannt, vor allem das Einhalten gesellschaftlicher und somit ungeschriebener Gesetze stößt auf Unverständnis und Intoleranz bei ADHS Betroffenen. Auch häufige Kritik, Ungeduld und mangelndes Verständnis von Seiten der Partner und Partnerinnen führen zu Irritationen oder auch Kränkung der ADHS Betroffenen. Dass vor allem letzteres oft auf der Seite der Partner und Partnerinnen von ADHS Betroffenen vorkommt, sehen die wenigsten. Aus diesem Grund ist es für ADHS Betroffene, wie für jeden Menschen in einer Beziehung, wichtig, die Seite des Partners bzw. der Partnerin zu verstehen. Für Partner von ADHS Betroffenen zählen oft die Unberechenbarkeit, Unzuverlässigkeit,mangelnde Kritikfähigkeit und Reizbarkeit zu den schwierigsten Symptomen der ADHS. Es ist häufig einfacher, die Symptome auch als solche anzusehen und nicht als persönliche Eigenschaften, die unveränderlich sind. Hierdurch können diese viel eher angenommen und nicht als persönliche Kritik verstanden werden. Dadurch dürfen die Symptome allerdings nicht zu bequemen Ausreden werden, sondern sollen den Status von Projekten erhalten, an denen man arbeitet.Wie bei jeder Erkrankung und jeder Normvariante werden auch hier die Symptome als temporär unterschiedlich stark vorhandene Unannehmlichkeit gesehen und man kanngemeinsam überlegen, wie der Umgang mit ihnen am besten funktioniert. Auch sind Symptome in vielen Fällen beeinflussbar und durch die Betrachtung der Probleme als Symptome kann die Symptomlinderung als gemeinsames Projekt stattfinden.

Partnerschaftsberatung für ADHS Erkrankte – Tipps aus der Eheberatung und Paartherapie

Da manches selbst für informierte Partner und Partnerinnen schwer nachvollziehbar ist und Verständnis jede Situation besser macht, kann es helfen, über die eigenen Verhaltensweisen zu reflektieren und den Partner oder die Partnerin in diesen Prozess zu involvieren. Dabei istvor allem wichtig, dass er oder sie erfährt, dass darüber nachgedacht wird und was das Ergebnis ist. Der Partner bzw. die Partnerin muss somit nicht zwingend jeden einzelnen Gedankengang mitmachen.Bei stärkeren Stimmungsschwankungen ist es sinnvoll, sich selbst Auszeiten zu gönnen und diese auch als feste Regel in die Partnerschaft einzubauen. Damit haben beide Partner die nötige Zeit durchzuatmen und sich auf die emotionale Lage einzustellen. Vor allem in Streitsituationen helfen solche Regeln, auch wenn Personen mit ADHS diese üblicherweise in der ersten Zeit ablehnen. Sich auf Regeln in der Beziehung einzulassen kann jedoch aufvielfache Weise helfen und ist folglich einen Versuch wert.Des Weiteren kann es wichtig sein, die eigene Toleranz zu fördern. Vor allem im Zusammenspiel mit anderen Personen ist es auf Dauer nötig zu akzeptieren, dass andere Meinungen existieren und gleichberechtigt sind. Wenn der Drang verspürt wird, Fakten zu diskutieren kann die kurze Reflektion helfen, wie viel einem der Gewinn tatsächlich wert ist.Ist die richtige Antwort auf die Frage, welche Farbe Tante Mimis Auto hat, tatsächlich einen potentiell erbitterten Streit wert? Kann eine 5 heute ausnahmsweise auch eine gerade Zahlsein? Die Tatsache, dass egal, wer eine Diskussion gewinnt, man auf jeden Fall durch potentiell tagelangen Frust in der Beziehung verliert, sollte dabei stets bedacht werden.Selbst wenn das Ergebnis der Reflektion ist, dass es in dieser einen Sache wichtiger ist, Recht zu haben, als den Frieden in der Partnerschaft zu bewahren, können zumindest viele weitere Diskussionen verhindert werden. Auch ist es von Vorteil, nicht alles und vor allem sich selbst nicht immer ernst zu nehmen.Das Leben ist vielfach einfacher, wenn man über Ungeschick, dumme Zufälle, Fehler und Unachtsamkeit lachen kann. Dies hilft auch dabei, Situationen zu entschärfen und das nächste Mal besser zu meistern. Humor ist eines der stärksten Mittel, um eine Beziehung langfristig zu erhalten, weswegen ich als Beziehungsexperte jedem raten würde, ihn zu trainieren.

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