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Distanz in der Partnerschaft und Ehe – wenn in der Paartherapie Brücken gebaut werden

Niemand möchte riskieren, einen geliebten Menschen und wertvollen Partner zu verlieren, wenn doch noch ein Funke Hoffnung bestanden hat.

"Wir haben uns auseinandergelebt" ist ein typischer Satz, der in der Eheberatung und Paartherapie immer wieder vorkommt. Häufig als Fazit bereits in der ersten Stunde gleich zu Beginn von resignierenden Partnern kommt. Auch wenn noch immer vielen Menschen die Macht von Sprache nicht bewusst ist, sagt diese Aussage bereits so vieles aus, dass ich sie hier kurz analysieren will.

Normalerweise ist die Tonlage bei dieser Feststellung traurig, kraftlos und endgültig, die Wortwahl zeigt aber, dass noch immer an einem (einstigen) "wir" festgehalten wird. Zwei Mal sogar wird innerhalb dieses kurzen Satzes verdeutlicht, dass die beiden Personen vor mir eigentlich eine Einheit sind oder sein sollten: "wir" und "uns".

Wenn somit ein Gespräch damit beginnt, dass diese Aussage getroffen wird, frage ich als Beziehungsexperte sehr direkt, warum ich zu Rate gezogen wurde. Das stößt normalerweise auf Staunen, immerhin bin ich als Eheberater doch für Krisen zuständig. "Jein", sage ich dann, "Ich bin lediglich dann für die Krisen zuständig, in denen beide zumindest einen Funken Hoffnung haben, dass sie als 'wir' aus dieser Krise hervorgehen können und auch den Willen haben, dafür zu kämpfen."

Denn wenn bereits ein Fazit formuliert und somit ein Schlussstrich gezogen wird, kann ich nur helfen, wenn es lediglich das Ende eines Kapitels, nicht der gesamten Geschichte ist.

Alte Brücken restaurieren und neue bauen aus Sicht der Eheberatung und des Beziehungscoachings

Wenn Paare bereit sind, sich ihre Situation nochmals anzusehen und somit nicht automatisch vom Ende auszugehen, wird häufig klar, dass sie in den vergangenen Monaten und Jahren nicht viel gemeinsames und einendes erlebt haben. Oftmals ist jedoch die Idee vorhanden, wieder dorthin zurückzukehren, wie die Beziehung zu Beginn war. Dies ist aus Sicht des Beziehungsexperten eine heikle Angelegenheit. Zu hoffen, dass eine Partnerschaft genauso sein kann, wie sie bereits vor geraumer Zeit war, ist leider zwecklos. Es ist in der Zwischenzeit sehr viel passiert, es gibt eine Geschichte – im Guten wie im Schlechten – und diese kann nicht gelöscht werden. Was jedoch eine ausgezeichnete Idee ist, sich anzusehen,wie die Zeit damals verbracht wurde. Damit können gemeinsam ausgeübte Hobbies wieder zu Tage gefördert werden, genauso wie Ideen für Urlaube. So können verbindende Elemente aus der Vergangenheit gefunden und "restauriert" werden. Häufig wird jedoch vor allem die Veränderung der Sichtweisen, welche mit zunehmender Lebenserfahrung automatisch stattfindet, oder auch die Veränderung des Lebensstils augenscheinlich. Nur wenige Menschen behalten ihr gesamtes Leben über einen Beruf. Hat man sich als Paar im Studium kennengelernt, ist man während der Partnerschaft im Beruf ein- und möglicherweise aufgestiegen, wird die Zeit häufig anders verbracht als in jungen Erwachsenenjahren. Hier eignet es sich besonders die derzeitige Situation in Frage zu stellen und zu überlegen, was daran für sich selbst, aber auch die Beziehung, gut aber auch was schlecht ist und was man daran ändern kann. So kann über kleine Veränderungen bereits Platz für Neues geschaffen werden und gemeinsam entdeckt werden, was zu dem derzeitigen Leben, der derzeit vorhandenen Freizeit und den derzeitigen Interessen passt.

Wann es aus Sicht des Beziehungsexperten und Eheberaters keinen Sinn macht, zu kämpfen

Zu einer Partnerschaft gehört mehr als eine Person. Diese Feststellung mag nicht ganz überraschend kommen, ich will jedoch erklären, warum ich sie trotzdem hier schreibe: Wenn eine Person sich so weit aus der Partnerschaft oder Ehe zurückgezogen hat, dass sie nicht mehr greifbar ist und diese auch keine Intention hat, seinen Platz an der Seite des anderen einzunehmen, kann der zweite im Bunde so viel kämpfen, wie er will. Er wird es nicht schaffen, die Beziehung zu retten und wird so sehr viel Zeit und Energie verlieren. Ich bin als Optimist stets bemüht meinen Klienten vor Augen zu führen, dass ihre Anwesenheit bereits diese Bereitschaft von beiden symbolisiert. Selbst wenn aktuell somit eine scheinbar unüberwindbare Distanz zwischen den Partnern herrscht und der Umgang nahezu unfreundlich wirkt, besteht trotzdem Hoffnung. Wenn somit beide sich einig sind, dass sie einen Versuch wagen wollen, zahlt es sich immer aus – egal, was das Ergebnis ist. Sich am Ende möglicherweise eingestehen zu müssen, dass der Kampf verloren wurde, dass zumindest einer der beiden keine Zukunft mehr in dieser Ehe oder Partnerschaft sieht, ist ein Risiko, das es wert ist, auf sich zu nehmen. Niemand möchte riskieren, einen geliebten Menschen und wertvollen Partner zu verlieren, wenn doch noch ein Funke Hoffnung bestanden hat. Wichtig ist hierbei jedoch Ehrlichkeit – sich selbst und dem Partner gegenüber. Wird bemerkt, dass die Bereitschaft zu kämpfen nachlässt oder erlischt, sollte das Gespräch gesucht werden, denn dann machen weitere Versuche in der Regel nur noch wenig Sinn.

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