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Burnout – wenn Körper und Seele streiken Psychotherapie

Besonders Burn-out gefährdet sind auch Menschen, die Schwierigkeiten damit haben „Nein“ zu sagen.

In meinem letzten Blog-Eintrag habe ich die Auswirkungen von Stress auf die Partnerschaft näher beleuchtet und bin dabei näher auf die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen Beruf und Privatleben eingegangen.

Zur Erinnerung: Laut einer aktuellen Allianz-Studie (1.000 Befragte zwischen 18 und 65 Jahren) fühlen sich unglaubliche 39% aller Österreicher durch zu viel Stress im Job erheblich in ihrem Leben beeinträchtigt. Jeder vierte Berufstätige ist den Ergebnissen zufolge sogar akut von Burn-out bedroht.
Heute möchte ich dem Thema des Burn-outs etwas mehr Raum widmen.

Anforderung versus Ressourcen


Stress hat wie wohl kaum ein anderes Wort Eingang in unsere Alltagssprache gefunden. Aussagen wie ich „Ich bin im Stress.“, „Heute war es stressig.“ oder auch „Stress mich nicht!“ sind uns mittlerweile sehr vertraut, drücken in den meisten Fällen jedoch lediglich eine temporäre Belastung oder einen vorübergehenden Zeitdruck aus.
Unser Organismus ist ständig Anforderungen aller Art ausgesetzt, kann diese im Normalfall jedoch gut bewältigen. Denn wir verfügen über natürliche Mechanismen um mit diesen alltäglichen Hürden fertig zu werden. Halten sich Anforderungen und Bewältigungsressourcen zumindest die Waagschale, hat Stress sogar eine sehr positive Auswirkung auf uns. Durch Anforderungen lernen wir, entwickeln unsere Fähigkeiten und stärken damit gleichzeitig unser Potential eben diesen Anforderungen in Zukunft noch effektiver begegnen zu können. Ganz umgekehrt ist ein zu wenig an Stimulation daher ein nicht minder ernsthaftes Problem als ein Übermaß an Stress.
Wie so oft macht aber die Menge das Gift. Erst die hohe Intensität und das konstante Einwirken über einen längeren Zeitraum machen Stress zu einer ernsthaften Bedrohung.
Menschen sind jedoch oft selbst davon überrascht, wie lange sie selbst großen Belastungen Stand halten konnten. Wenn der Organismus aber schließlich keine Energiereserven mehr aufzubieten hat, aktiviert sich ein inneres Notsystem ähnlich einem Schutzschalter. Scheinbar plötzlich verweigern Körper und Psyche den Dienst, nichts geht mehr, selbst wenn der Wille immer noch da ist. Wir sprechen von einem Burn-out.

Burn-out, die schleichende Gefahr

 

Das innere Ausbrennen ist gerade deshalb so tückisch, weil es schleichend vor sich geht. Zwar häufen sich bei Betroffenen die Warnsignale bis zum Punkt ohne Rückkehr signifikant, über Zeiträume von einigen Jahren stumpft aber oftmals nicht nur die Person selbst sondern auch ihr familiäres Umfeld ab. Das volle Ausmaß der schädlichen Entwicklung wird oft erst rückblickend vollends erkannt.
Der typische Burn-out Zyklus beginnt dabei häufig mit einem großen Engagement, das sich zunehmend in einen übersteigerten Ehrgeiz verwandelt. Während der Einsatz immer mehr erhöht wird, werden die eigenen Bedürfnisse zunehmend zurück gestellt und schließlich gänzlich verdrängt. Es kommt vermehrt zu Fehlleistungen, Konflikten und zu einer inneren Abstumpfung, die mit einer Umdeutung von früheren Werten (z.B. Bedeutung der Familie) einhergeht. Die immer größer werdenden Probleme werden verleugnet, der Betroffene schottet sich zunehmend von seiner Umwelt ab. Auf den sozialen Rückzug folgen Verhaltens- (Ersatzbefriedigungen wie Alkoholkonsum, Shoppen, Essen) und Persönlichkeitsveränderungen, die oft mit dem Gefühl einhergehen, fremdgesteuert zu sein. In den letzten Stadien macht sich innere Leere, Mutlosigkeit, Angst bis hin zu schwerer Depression breit. Am Ende des zerstörerischen Prozesses steht schließlich die völlige Erschöpfung, ein sowohl emotionaler, körperlicher als auch geistiger Zusammenbruch.
Eine professionelle Behandlung ist bei einem voll ausgeprägten Burn-out Syndrom unerlässlich. Werden Warnsignale (oft auch körperlicher Natur) jedoch frühzeitig erkannt, kann Psychotherapie Schlimmeres verhindern.
Burn-out wird dabei oft als Schwäche oder als ein Scheitern fehlgedeutet, was genau jenem falschen Leistungsdenken entspricht, aus dem die Störung in vielen Fällen entsteht. Denn ganz im Gegensatz zu dieser falschen Anschauung sind wie gerade dargestellt ausgerechnet jene Menschen stark Burn-out gefährdet, die egal ob auf beruflicher oder privater Ebene sehr viel leisten. Ein besonders hohes Risiko haben etwa Berufsgruppen,  bei denen das Geben im Vordergrund steht, etwa im Rahmen von sozialen oder helfenden Tätigkeiten (Erzieher, Lehrer, Ärzte). Aber auch pflegende Angehörige und Mitarbeiter im Mittleren Management sind überproportional häufig von Burn-out betroffen.

Persönlichkeit und Burn-out

 


Das hängt aber nicht nur mit den unzweifelhaften Belastungen dieser Berufe zusammen, sondern auch mit den Menschen, die diese Berufe überzufällig oft wählen.
Beispielsweise bieten Sozial- und Gesundheitsberufe Menschen mit einem ausgeprägten Helfersyndrom ein ideales Betätigungsfeld. Selbstverständlich ist das Bestreben, anderen helfen zu wollen, höchst erstrebenswert, im Falle eines Helfersyndroms wird dies aber in ein schädliches Extrem verkehrt. Hinter einem übertrieben selbstlosen Verhalten steht in diesen Fällen oft ein geringer Selbstwert, den der notorische Retter durch positive Bestätigung aufzubessern sucht. Helfen wird dabei zur regelrechten Sucht, da die Dosis ständig gesteigert werden muss, werden dabei auch immer mehr die eigenen Energiereserven und Bedürfnisse ignoriert.
Ähnlich verhält es sich bei Menschen, die stark perfektionistisch veranlagt oder extrem ehrgeizig sind. Die völlig überhöhten Ansprüche an die Qualität der eigenen Arbeit führen unweigerlich zu großer Frustration, die wiederum das Bedürfnis speist, die eigene Leistung noch zu steigern. Es entwickelt sich schließlich ein Teufelskreislauf, da der ersehnte Idealzustand immer unerreichbar bleibt. Dabei kann im Lauf der Zeit ein so hoher innerer Druck entstehen, dass die Belastung selbst bei moderaten Anforderungen schließlich die Bewältigungsmöglichkeiten übersteigt, es kommt zu einer Überforderung.
Besonders Burn-out gefährdet sind auch Menschen, die Schwierigkeiten damit haben „Nein“ zu sagen. Dahinter steckt in vielen Fällen die Angst vor Konflikten. Abermals nimmt hier ein zu geringer Selbstwert eine zentrale Rolle ein. Für sich selbst einzutreten wird fälschlicherweise mit einem großen Risiko in Verbindung gebracht, dadurch die Wertschätzung und Anerkennung anderer zu verlieren. Das Paradoxe ist: Menschen, die auch einmal „Nein“ sagen, wird oft mehr Dankbarkeit entgegengebracht als jenen, die vorbehaltlos alle Aufgaben übernehmen.
Psychotherapie kann enorm wirksam sein, wenn es darum geht, den eigenen Verhaltensmustern auf die Spur zu kommen. Dysfunktionale Glaubenssätze („Ich bin nur gut, wenn ich etwas leiste.“) können in der Therapie durch gesundheitsförderliche Einstellungen ersetzt werden. Durch die Steigerung des Selbstwerts und Erhöhung der Achtsamkeit für die eigenen Bedürfnisse wird einem neuerlichen Ausbrennen vorgebeugt. Stellt sich im Rahmen der Therapie der momentane Job als schädlich heraus (mangelnde Ressourcen, hoher Zeit-  und Leistungsdruck, schlechtes Betriebsklima) kann ein Teil des Veränderungsprozesses auch das Finden einer neuen beruflichen Perspektive sein.

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